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Grundsteuer zu hoch? Wege aus ungerechtfertigten Steuererhöhungen

Der Beginn eines neuen Jahres ist in der Regel die Zeit, neue Vorsätze zu fassen. Einer dieser Vorsätze der Finanzbehörden zu Beginn des Jahres 2023 war: Alles auf Anfang! Die Rede ist von der Reformierung der Grundsteuer und der damit einhergehenden Notwendigkeit, sämtliche Immobilien in Deutschland neu zu bewerten. Ihr erinnert Euch vielleicht: Millionen Steuererklärungen wurden zu dieser Zeit erstellt und den örtlichen Finanzämtern ein denkbar großer Verwaltungsaufwand beschert. Doch am Ende bringen Neuerungen – wie so häufig - nicht immer nur Verbesserungen.

Im Bereich der Grundsteuer ist infolge der Neubewertungen z.B. die Tendenz einer Wertverschiebung von gewerblichen Immobilien hin zu den Privatimmobilien zu beobachten. Dies wird ab dem Jahr 2025 zu spürbaren Mehrbelastungen für die Eigentümer von Wohnimmobilien führen – sei es für Eigennutzer oder aber für Mieter. Die ersten Klagen bzgl. dieser nun angewandten Neuregelungen folgten daher prompt.

Ein Kritikpunkt bei den anhängigen Klagen ist, dass die Neuregelungen zur Grundsteuer eine stark pauschalierende Berechnung zu Grunde legen. Individuelle Gegebenheiten einer Immobilie haben bei der Wertfindung wenig bis keinen Spielraum. Eine solche Vorgehensweise ermöglicht zwar, einen großen Teil der Immobilien schnell und einfach bewerten zu können. Dies führte stellenweise jedoch auch zu teils grotesken und unrealistischen Werten. Bitter dabei: Weder die Bearbeiter der Finanzämter, noch die Steuerberater hatten ein rechtliches Handwerkszeug, der Realität entsprechend zu handeln bzw. realistische Werte festsetzen zu lassen. Denn die Gesetzeslage ließ dies schlicht und ergreifend nicht zu.

Doch nun kommt erstmals Bewegung in die Angelegenheit. Denn infolge der ersten anhängigen Klageverfahren haben sich die obersten Finanzbehörden der Länder zu der Möglichkeit geäußert, geringere Werte zur Grundsteuer nachweisen zu können. Dies soll dem Grunde nach möglich sein, wenn der neu festgestellte Grundsteuerwert zu mindestens 40% über dem gemeinen Wert einer Immobilie liegt. Doch wie weise ich diesen Wert nach?

Zum einen kann der Wert durch einen Nachweis eines/-r entsprechend qualifizierten Gutachters/-in erfolgen. Gemeint sind dabei bspw. Gutachten des Gutachterausschusses oder von Sachverständigen und Gutachter/-innen, die staatlich anerkannt oder nach DIN EJN ISO/IEC 17024 akkreditiert sind.

Zum anderen ist es möglich, eine Wertdifferenz über den im Rahmen des Erwerbes aufgewandten Kaufpreis nachzuweisen. Dies kann u.U. auch unabhängig vom Hauptfeststellungszeitpunkt zum 01.01.2022 gelten. Denn neben einer Anpassung auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 2022 kann eine Wertanpassung auch für die Zukunft - per sogenannter Wertfortschreibung – erfolgen, sofern die entsprechend notwendigen Wertgrenzen eingehalten werden.

Wie geht es nun weiter?

Ob die neue Grundsteuer als solche verfassungsgemäß ist, wird die Zukunft erst noch zeigen müssen. Dass jedoch nach vielen Monaten der Unsicherheit nun erstmalig ein Handwerkszeug an die Hand gegeben wird, um bei groben Abweichungen zwischen Grundsteuerwerten zu den tatsächlichen Werten reagieren zu können, stellt eine notwendige und willkommene Erleichterung dar.

Sollten nun Grundsteuerbescheide mit erheblichen Wertdifferenzen vorliegen, gibt es verschiedene Ansätze, einen eventuellen Wertnachweis zu erbringen. Zu beachten ist dabei natürlich, dass die zwischenzeitlich festgestellten Werte nun ab 01.01.2025 zur Anwendung kommen und die Städte und Gemeinden die Grundsteuern entsprechend anpassen werden. Im Einzelfall könnte sich somit ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lohnen, um (einen Teil der) Mehrsteuern zunächst nicht entrichten zu müssen. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur bei Steuerbescheiden, die per Einspruch angefochten worden sind. Bei Bedarf bietet es sich an, das Vorgehen gemeinsam mit einem steuerlichen Berater abzustimmen.


Ihr habt Fragen zu dem Thema? Unser Experte kann euch weiterhelfen:

Florian Otto
Steuerberater | Dipl.-Finanzwirt 

Bee Wulf & Partner
Schulze-Delitzsch-Straße 2, 33100 Paderborn
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