Die neuen steuerlichen Erleichterungen für Photovoltaikanlagen ab 2022
So profitiert ihr von den neuen Regelungen und minimiert die Risiken.
Der Sinn und Zweck einer Photovoltaikanlage – vorzugsweise auf dem Dach der eigengenutzten Immobilie - ist in der Regel recht simpel. Mit dem eigenen Anteil „grüner Energie“ einen Beitrag für den Klimaschutz leisten sowie Autarkie von den Stromversorgern, um hierüber Geld zu sparen und bestenfalls sogar zu verdienen. Jedoch waren die administrativen Hürden und steuerlichen Verpflichtungen, die damit einhergehen, für lange Zeit unverhältnismäßig hoch.
Doch der Gesetzgeber hat hier gegengesteuert und mit dem für das Jahr 2023 geltenden „Jahressteuergesetz 2022“ erhebliche Entlastungen beschlossen, die über die bisherigen „kleineren“ Reformen der Vorjahre hinausgehen. Und das Beste daran ist: Zum Teil gelten die Neuregelungen rückwirkend ab dem Jahr 2022! Doch der Reihe nach:
Welche Verpflichtungen gab es grundsätzlich?
Aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage ergeben sich bei Eigennutzung der Elektrizität sowie erhaltener Einspeisevergütung zwingend steuerliche Folgen. So führt dies hinsichtlich der Einkommensteuer zur Begründung eines Gewerbebetriebes, für den im Rahmen der Einkommensteuererklärung eine Gewinnermittlung (Einnahme-Überschuss-Rechnung) zu erstellen ist. Anträge auf Anerkennung der Photovoltaikanlage als „Liebhabereibetrieb“ (bedeutet, für die Einkommensteuer unbeachtlicher Betrieb) haben dabei häufig Diskussionsstoff mit der Finanzverwaltung zur Folge gehabt.
Zudem wird der Betreiber aus Sicht der Umsatzsteuer zwingend als Unternehmer betrachtet, so dass darüber hinaus grundsätzlich noch eine Umsatzsteuererklärung und Voranmeldungen abgegeben werden mussten. Das Wahlrecht, die vereinfachende „Kleinunternehmerregelung“ anzuwenden (Bedeutet: Keine Zahlung von Umsatzsteuer auf Einspeisevergütung und Eigenverbrauch) ist häufig nicht genutzt worden, um die Vorsteuer aus der Anschaffung der Anlage durch das Finanzamt erstattet zu bekommen. Zudem ist vielen Besitzern von Photovoltaikanlagen die Möglichkeit des Wechsels zur Kleinunternehmerregelung nach Ablauf von fünf Jahren der Regelbesteuerung nicht geläufig.
Welche Änderungen und Möglichkeiten bietet nun das neue Jahressteuergesetz 2022?
Aufgrund der Tatsache, dass bei vielen kleinen Anlagen über die gesamte Laufzeit des Betriebes kaum bis gar keine Gewinne erwirtschaftet werden, führt dies auf Seiten der Betreiber sowie der Finanzverwaltung zu einem hohen unnötigen Verwaltungsaufwand und sogar Konfliktpotential. Aus diesem Grund kommt es für kleinere Photovoltaikanlagen (siehe unten) nun zur vollständigen Steuerbefreiung im Rahmen der Einkommensteuer! Und wichtig hierbei ist: Es bedarf hierzu keines gesonderten Antrags. Durch die Aufnahme einer entsprechenden Regelung direkt im Einkommensteuergesetz gilt die Steuerfreiheit automatisch – und dies nun sogar rückwirkend für das Jahr 2022! Dies ist eine erhebliche Erleichterung zu der vorher geltenden Rechtslage. Zu beachten ist, dass dies auch gilt, wenn ihr Verluste geltend machen möchtet. Denn im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehende Kosten können steuerlich nicht berücksichtigt werden.
Was gilt bei der Umsatzsteuer?
Durch die neue Gesetzeslage wird die Neuanschaffung einer Photovoltaikanlage erheblich begünstigt. So gilt für den Erwerb und die Installation seit 2023 ein Steuersatz von 0%. Sofern durch die Anbieter der Anlage weitergegeben, bedeutet dies für den Erwerber eine Preisersparnis beim Kauf in Höhe von 19%. Zu beachten ist, dass dies beispielsweise auch für den Erwerb eines Batteriespeichers gilt. Diese Neuregelung hat den Vorteil, dass die Frage der Anwendung der Kleinunternehmerregelung künftig keine große Rolle mehr spielen wird, da die Erstattung der gezahlten Vorsteuer über das Finanzamt bisher das Hauptargument gegen die Anwendung dieser Vereinfachung war.
Was bedeutet dies nun für mich in meinem Einzelfall?
Im Ergebnis ist es nun so, dass bei neuen Anlagen die Besteuerung komplett entfallen kann, da die ab 2022 geltende Befreiung bei der Einkommensteuer zur Anwendung kommt sowie bei Anschaffung ohne steuerliche Nachteile das Wahlrecht zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung genutzt werden kann. Letzteres ist der Finanzverwaltung entsprechend zu erklären.
Für Bestandsanlagen gilt bis einschließlich des Jahres 2021 die „alte“ Rechtslage fort. Somit sind die Deklarationspflichten bis dahin identisch zu denen der vorherigen Jahre. Ab dem Jahr 2022 gilt dann im ersten Schritt die Befreiung für die Einkommensteuer. Diese bedarf, wie beschrieben, keines Antrages und gilt automatisch.
Wichtig hierbei: Grundsätzlich würden bei der Entnahme einer bereits mehrjährig bestehenden Photovoltaikanlage aus dem gewerblichen Betriebsvermögen in das Privatvermögen ungewollte Steuerlasten entstehen (Versteuerung „stiller Reserven“). Durch die neue Steuerbefreiung wird dieses Problem jedoch strukturell umgangen. Die Anlage bleibt steuerliche unangetastet, es wird lediglich der Gewinn / der Verlust aus dem „laufenden Betrieb selbst“ steuerfrei gestellt. Somit folgt aus dem Übergang in 2022 keine Steuerlast!
Zudem könnt ihr nach Ablauf von fünf Jahren seit Anschaffung eurer Anlage ohne steuerliche Nachteile zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung wechseln. Dies ist unschädlich für den im Jahr der Anschaffung geltend gemachten Vorsteuerabzug. Solltet ihr jedoch mehrere unternehmerischen Tätigkeiten haben, raten wir euch zu einer gesonderten Beurteilung der steuerlichen Sachlage durch einen Steuerberater.
Für wen gilt die Erleichterung nun?
Hier wird nun zwischen der Einkommen- und Umsatzsteuer unterschieden. Für den regulären „Eigenheim-Anlagen-Betreiber“ ist dies in der Regel jedoch unproblematisch.
Einkommensteuer
Die neue Befreiung gilt bei Anlagen auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien (inkl. Garagenflächen etc.) bis zu einer installierten Gesamtleistung von 30 kWp. Dabei ist unerheblich, wie viele Anlagen auf dem Gebäude installiert sind. Es zählt die gesamte installierte Leistung aller vorhandenen Anlagen. Bei anderen Sonderfällen, wie beispielsweise Eigentümergemeinschaften, gilt eine maximale Leistungsgrenze von 15 kWp. Diese ist dann auf jeden Teileigentümer einzeln zu betrachten. Zudem ist zu beachten, Anlagen von bis zu 100 kWp Gesamtleistung bei der Besteuerung unberücksichtigt bleiben; sprich bei Besitz mehrerer Anlagen auf mehreren Gebäuden ist die Gesamtleistung zusammenzurechnen.
Umsatzsteuer
Um daneben den Erwerb der Photovoltaikanlage ohne Aufschlag der Umsatzsteuer zu ermöglichen (siehe oben), darf die Anlage die Leistungsgrenze von 30 kWp nicht überschreiten. Andernfalls ist durch den Lieferanten eine Umsatzsteuer in Höhe von 19% aufzuschlagen.
Gibt es noch offene Anwendungsfragen und Probleme?
Leider ja. Gerade bei Anlagen, für die vor dem Jahr 2022 Sonderabschreibungen nach §7g EStG geltend gemacht worden sind, können Probleme auftreten. Die Nutzung der „vorgezogenen Abschreibung“ in den vorherigen Jahren würde nämlich zu einem ungewollten Steuervorteil führen, wenn die späteren (und höheren) Gewinne ab 2022 nun steuerfrei gestellt werden. Es ist unklar, ob diese Konstellationen durch die Finanzverwaltung aufgegriffen und alte Steuerbescheide tatsächlich geändert werden. Denn dann ist auch die Frage zu klären, ob der Steuerbescheid rein verfahrensrechtlich im Einzelfall überhaupt noch änderbar ist. Wir raten euch dazu, euch in jedem Fall an euren Steuerberater zu wenden, solltet ihr aus diesen genannte Gründen Rückforderungsbescheide für Veranlagungsjahre vor 2022 erhalten.
Daneben können auch vermögensverwaltende Immobiliengesellschaften ungewollt von erheblichen steuerlichen Folgen betroffen sein, sofern ihr neben der Vermietungstätigkeit auch gewerbliche Einkünfte aus einer bestehenden Photovoltaikanlage erzielt. Denn die ab 2022 geltende Steuerbefreiung führt zum Wegfall der sogenannten „gewerblichen Infektion“. Ist dies der Fall, kann dies zu erheblichen Steuerlasten führen.
Weiterhin gibt es bereits „Gestaltungen“, bei denen mögliche Begünstigungen künstlich herbeigeführt werden. Dies betrifft z.B. den familieninternen Weiterverkauf einer bestehenden Anlage (beispielweise unter Ehegatten). In der Regel ist hiervon dringend abzuraten, da dies gerade im Bereich der Umsatzsteuer nicht gewünschte steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Fazit
Durch die neuen Regelungen kommen kurz- bis mittelfristig viele Betreiber von Photovoltaikanlagen in den Genuss steuerlicher und administrativer Erleichterungen. Dies wird bei der Erstellung der jährlichen Steuererklärungen spürbar und zudem auch dem eigentlichen Nutzen gerecht: Der Förderung der Energiewende durch den Abbau bürokratischer Hürden.
Allerdings gilt es, die Übergangsphase in den „steuerbefreiten Bereich“ wohlüberlegt vorzunehmen; sei es bei den klassischen, überwiegend privat genutzten Bestandsanlagen, als auch bei komplexeren Sachverhalten. Zudem sind auch die bereits vor dieser Reform geltenden „kleineren Reformen“ der Vorjahre zu beachten. Eine individuelle Beratung wird euch helfen und euch hier vor bösen Überraschungen schützen.
Ihr habt Fragen zu dem Thema? Unser Experte kann euch weiterhelfen:

Florian Otto
Steuerberater | Dipl.-Finanzwirt
Kanzlei Bee Wulf und Partner
florian.otto@bee-wulf.de
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